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BURGHARD

7 Spätestens mit Michael Frieds Auseinander- setzung der ‘theatricality’ der Arbeiten der Minimal Art und Joseph Beuys’ Begriff der ‘sozialen Plastik’ wird klar, wie tiefgreifend sich der ästhetische und institutionelle Raum der Kunst verändert. Und, entsprechend, eine Neukonfigurierung der Produktions- und Rezeptionsbedingungen der Kunst nach sich zieht1 . Tatsächlich bezieht sich unser heutiger Stand der ästhetischen Produktion (bzw. ih- rer Diskussion) auf diese Neukonfigurierung. Nach wie vor wird künstlerische Produktion vor allem über das Format der ‘Praxis’ und je- nes Modell von Konzeptualität definiert, das sich aus den historischen Zielsetzungen und ästhetischen wie praktischen Errungenschaf- ten der Konzeptkunst seit den 1960er Jahren herleitet. Demgegenüber ist der Status des Kunstwerks2 (der nach wie vor vom situativ bestimmten Darstellungsmodus verschiede- ner ästhetischer Praktiken bis zum handfesten ‘Werk an sich’ reichen kann) auch vor dem Hintergrund eines boomenden Kunstmarkts während der sogenannten Nullerjahre, neu- erdings wieder sehr umstritten. Nach wie vor sind es das Bewusstsein von und der praktische Umgang mit den – nicht nur ästhetisch, son- dern gleichzeitig sozial und ökonomisch defi- nierten – Grenzen bzw. Kompetenzbereichen innerhalb jener historisch gewachsenen ‘Insti- tution Kunst’ (sowie nach außen), die zugleich die Grundlagen und die Spielräume jeglicher künstlerischer (und diskursiver) Produktion formatieren. Vor diesem Hintergrund wäre der wachsende Einfluss des Ökonomischen inner- halb des Kunstbetriebs und seine Auswirkung auf die Produktion von Kunst zu werten, der sich in der künstlerischen und wissenschaft- lichen Ausbildung genauso widerspiegelt wie in der weiteren Profilierung institutionel- ler und kommerzieller Vermittlungsorgane. Es reicht m. E. allerdings nicht aus zwischen der derzeitigen Hausse von Kunstwerken und den Erfordernissen eines boo- menden Kunstmarkts eine kausale – und gleichzeitig moralisch wertende – Beziehung aufzustellen. Bzw. würde es genauso we- nig weiterhelfen, der Rückkehr zum Kunstobjekt etwa gegenüber konzeptueller künstlerischer Praktiken ausschließlich einen kon- servativen/affirmativen Impuls zu unterstellen. Was aber nicht heißt, dass nicht ein Großteil der in den letzten Jahren produ- zierten Kunstwerke relativ bewusst auf ihre Verwertbarkeit auf dem Markt hin, sagen wir, konzipiert wurde. Diese Objekte sind tatsächlich im allerbuchstäblichsten Sinne Kunstwaren. (In dem Fall wäre der Status des Kunstwerks, sozusagen, konzeptuell eingesetzt als Darstellungsmodus für eine Form von Warenpro- duktion. Warenproduktion, die sich taktisch vollständig auf das ästhetische Feld spezialisiert und dessen inhärente Codes aus- schließlich derivativ auf ihre kommerzielle Ausschlachtung hin reproduziert.) Zugleich zeigt dieser Fall, wie sehr sich die Funkti- on des Konzeptuellen im Rahmen der veränderten institutionel- len Bedingungen an eine traditionelle Auffassung künstlerischer (Objekt-)Produktion angeschlossen hat. Das ihm ursprünglich zugeschriebene Potenzial des Kritischen hat sich spätestens auf diesem Wege massiv relativiert. Die Schleuser Um zu den eingangs gestellten Fragen zurückzukehren: Was tun, wenn uns im Rahmen eines künstlerischen Projekts Arbeiten in relativ verschiedenen Formaten, Anordnungen und Darstel- lungsmodi begegnen. Arbeiten, die teils im traditionellen Sinn Werkcharakter aufwei- sen, deren Formate aber auch situationsabhängig abgestimmt sein können, etwa auf institutionell oder kommerziell regulierte Zu- sammenhänge wie Museumsräume oder Galerien; oder die uns, klar deklariert bzw. bewusst diskret und unkenntlich gelassen, in 1 Das gilt zumindest für die bis heute den internationalen Kunstdiskurs dominierende US-amerikanische und westeuropäische Perspektive. Die gleichzeitige Entwicklung konzeptueller Praktiken in den Ländern Osteuropas und in Mittel- und Südamerika legen – im Ästhetischen – allerdings vergleichbare Entwicklungen nahe. 2 Für eine Revision des Werkbegriffs trat kürzlich etwa Diedrich Diederichsen im Kapitel ‘Gegenstand, Produktion, Zusammenhang’ seines Buchs ‘Eigenblutdoping. Selbstverwertung, Künstlerromantik, Partizipation’, Köln 2008 (vgl. S. 193-212) ein.

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