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BURGHARD

20 B: Wir finden, dass der Spaziergang generell als Form künstlerischer Praxis taugt – den Situationisten aber danken wir für die radikale Ausweitung künstlerischer Praxis in den sozialen Kontext. JR: Kommen wir zur Frage des Raums. In seinem Kunstwerkaufsatz spricht Heidegger wiederholt vom ‘Einräumen’: Der Raum ist nicht apriori vorhanden, vielmehr konstituiert er sich durch Orte und diese wiederum durch die Konstellation von Dingen, Gebilden und Menschen. Der Raum wird durch sie ‘eingeräumt’ – und das im doppelten Sinne: Zulassen, Offenes walten lassen, aber auch ein fest- legendes Einrichten von Verweisungszusammenhängen. Inwiefern findet sich dieses Ineinanderspiel von Öffnung und Schließung, von Kontingenz und Ordnung auch in euren Arrangements? B: Unsere Überlegungen zu Raum wurden in den letzten Jahren immer mehr von Parametern topischen Denkens beeinflusst. Wenn wir der Vorstellung folgen, dass der Raum durch die Orte aufgespannt wird, ist der Raum die Funktion der Elemente unserer Installationen und des Rezipienten. So sind wir schließlich mit verschiedenen Handlungen immer mehr beim Ort angekommen. ‘bauen, denken’ war eine entscheidende Zwischenstation. Vom Objekt zum Ort. Unser Kunstverstand hat sich mo- difiziert. JR: In einigen eurer Arbeiten lässt sich eine gewisse Affinität zu den Diskursen an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft ausmachen. Inwiefern wirken hier partikulare Erkenntnisweisen in eure künstlerische Strategie hinein? An welcher Stelle zwischen den positivistischen Aussagen der Wissenschaft und der rein auratischen Präsenz des Kunstwerkes würdet ihr euch selbst platzieren? B: Das Scheitern des Apriori der linearen Willkür erschöpft sich in der Überwindung der unmittelbaren Vollkommenheit der Kunst. Die einzig annehmbare Argumentation beruht auf dem Gegensatz des in sein System eingeschlossenen Wissenschaftlers und dem vor sein Werk gestellten Künstler. JR: Gibt es in euren Arbeiten einen zugrundeliegenden Code, ein System von Chiffren, die – wenn auch aleatorisch – doch eine gewisse Struktur, eine Syntagmatik aufweisen? B: Wir sehen unsere Arbeit in einer eher großen Distanz zur Linearität von Sprache. Wir sind nicht narrativ und es gibt auch keinen lesbaren Code, der, einmal verstanden, das Ganze erschließt. Unsere Vokabularen sind liquide und nur für den Moment und in dieser Konfiguration haben die Arbeiten diese Gültigkeit. Jenseits des konstanten Zustands – also Prozess, Leben halt. JR: Also eher – um mit Lacan zu sprechen – eine Sprache des Realen, die sich der Sagbarkeit, im Sinne eines Fest-stellens, entzieht, die sich als Leerstelle zum Ausdruck bringt? B: Letzlich haben wir ja keine wirkliche Verfügungsgewalt. Was wir da tun, gehört uns nicht. Wir sind nicht Schöpfer. JR: Wir leben in einer Zeit der verstärkten Expansion technokratischer, normativer und institutionalisie- render Strukturen, die nach einem beständigen Sich-verhalten verlangen und zu einem Rückzug des Individuums vom gesellschaftlichen Engagement führen. Inwiefern können künstlerische Praxis bzw. ästhetische Erfahrung als eine Art Therapeutikum

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